Wenn die Arbeitswerkzeuge Beine bekommen – Warenschwund und Sabotage durch Mitarbeiter
Betriebe in ganz Deutschland erleiden Jahr für Jahr massive Schäden durch Langfinger. Wenn hochwertige Arbeitswerkzeuge aus dem Lager verschwinden, liegt der Verdacht nahe, dass ein Mitarbeiter seine Finger im Spiel hat. Diebstahl am Arbeitsplatz ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Vielmehr handelt es sich um einen schweren Vertrauensbruch. Betriebe müssen aber nicht zusehen, sondern können aktiv werden. Welche Reaktionsmöglichkeiten Handwerksbetriebe haben und wie sich ein Verdacht zur Gewissheit verfestigen lässt, ist jetzt Thema.
Nachgewiesener Diebstahl ist außerordentlicher Kündigungsgrund
Stellt ein Chef fest, dass ein Mitarbeiter nachweislich klaut, ist dies ein wichtiger Grund, den betreffenden Mitarbeiter sofort zu entlassen. Die Entlassung kann gemäß § 626 BGB auf dem Weg der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen, deren Durchsetzung am besten in Zusammenarbeit mit einem versierten Rechtsanwalt erfolgt. Es spielt im Prinzip keine Rolle wie hoch der Warenwert ist, den ein Mitarbeiter mitgehen lässt. Es geht alleine darum, dass geklaut wurde. Allerdings sollten Chefs durchaus abwägen, wann eine Abmahnung statthaft ist und wann der Diebstahl zur sofortigen Entlassung führt. Dazu ist der Rat eines Arbeitsrechtlers dringend zu empfehlen.
Bevor es zu diesen drastischen Maßnahmen kommt, müssen Arbeitgeber aus einem Verdacht eine Bestätigung ableiten. Es ist nicht möglich, einen Mitarbeiter alleine aufgrund eines bloßen Verdachts auf Diebstahl zu kündigen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es für Unternehmer immer ratsam, einen Diebstahl zu verfolgen. Das hat abschreckende Wirkung auf die Belegschaft. Unterlässt der Chef es, einen offensichtlichen Warenschwund nachzuprüfen, sendet das ein fatales Signal an die Mitarbeiter aus.
Wie ein Verdacht entstehen kann
Selbstverständlich gibt es einige Faktoren, die den Verdacht nahelegen, dass ein Mitarbeiter klaut. So zum Beispiel, wenn außer ihm niemand sonst Zugriff hatte. Doch es gibt auch andere Gründe, die einen Verdacht aufkeimen lassen. Eine sorgfältig erstellte Buchhaltung gemäß der GoBD ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Gradmesser, der ernstzunehmende Hinweise auf mögliche Diebstahldelikte liefert. Es folgt ein Beispiel aus einer Schreinerei:
Eine gut organisierte Schreinerei führt eine Projektplanung durch. Der Chef weiß, wie viel Material in welchem Projekt verbaut wird. Es gibt Materiallisten über die unterschiedlichen Gewerke und die zu verbauenden Massen an Material. Außerdem werden Materialein- und ausgänge buchhalterisch exakt erfasst. Die Erfassung der Materialeingänge wird im Rahmen der Warenwirtschaft durchgeführt. Mit einem professionellen Warenwirtschaftssystem, in dem Zugänge und Abgänge akribisch verbucht werden, sind die Soll-Bestände immer abrufbar. Es ist ratsam, nach ungefähr einem halben Jahr eine Zwischeninventur durchzuführen, um den Ist-Bestand mit dem Soll-Bestand abzugleichen. In diesem Zusammenhang fallen frühzeitig größere Differenzen auf und lassen sich klären.
Gerade auf Baustellen, werden Material + Baumaschinen gestohlen, was das Zeug hält…
Auch auf Baustellen kommt Material weg. Wer dem vorbeugen will, führt Stichproben auf den Baustellen durch und schaltet zum Beispiel bei der Erstellung von Abschlagsrechnungen eine Massenprüfung zwischen. Es ist zeitaufwändig und lohnt sich nicht in jedem Fall. Doch bei großen Projekten sind die Kontrollschritte, die von allen Mitarbeitern bemerkt werden, ganz wesentlich dafür verantwortlich, Diebstahl durch die eigene Belegschaft einzudämmen. Damit Kontrollrechnungen funktionieren und auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Zugang zu den erfassten Daten besteht, dürfen Betriebe nicht vergessen, ihre Daten regelmäßig zu sichern. Oft ist es so, dass sich Unregelmäßigkeiten über eine gewisse Zeit einschleichen und in den Zahlen niederschlagen. Handwerksbetriebe, die Zugriff auf die Daten der vergangenen Jahre haben kommen einem Betrugsfall zuverlässiger auf die Schliche.
Das kann der Arbeitgeber tun, um einen Verdacht auszuräumen oder zu bestätigen
Den verdächtigen Mitarbeiter um Aufklärung bitten
Einen Mitarbeiter zur Zusammenarbeit aufzufordern ist der erste und einfachste Weg, einen Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen. Diese Bitte um Aufklärung könnte so aussehen, dass der Chef der Mitarbeiter auffordert, seine Schreibtischschublade oder seinen Spind zu öffnen. Dabei sollte mindestens ein anderer Mitarbeiter anwesend sein, um das Ergebnis der Durchsuchung bezeugen zu können.
Videoüberwachung einsetzen oder Detektiv einschalten?
Eine Videoüberwachung darf nicht ohne weiteres eingeführt werden. Der Gesetzgeber erlaubt eine offene Videoüberwachung in Räumlichkeiten, die öffentlich zugänglich sind, also zum Beispiel im Verkaufsraum eines Betriebs nur unter der Prämisse, dass ‚ein deutlicher Hinweis in ausreichender Größe an einem gut erkennbaren Ort‘ auf die Videoüberwachung hinweist. Gleiches gilt für die Überwachung nicht öffentlich zugänglicher Räume wie zum Beispiel dem Materiallager. Eine heimliche Videoüberwachung ist nur unter strengen Voraussetzungen rechtlich zulässig. Wenn ein Arbeitgeber eine Videoüberwachung installiert, ohne sich an geltendes Recht zu halten, sind die gewonnenen Videoaufnahmen vor Gericht nicht verwertbar, Stichwort: Beweisverwertungsverbot – selbst, wenn sie einen Diebstahl zeigen. Wenn es um die Überwachung geht, sollte deshalb unbedingt rechtlicher Rat eingeholt werden.
Ein weiterer praktischer und sicherer Weg ist, eine professionelle Detektei einzuschalten. Die Profis wissen genau, wie sie Warenschwund oder sabotierende Aktionen von Mitarbeitern auf die Schliche kommen. Eine bewährte Möglichkeit ist, einen Detektiv in die Belegschaft einzuschleusen. Meist reicht schon ein 14-tägiger Einsatz um herauszufinden, wie vertrauenswürdig die Belegschaft ist. Das Einschleusen funktionierte dabei entweder beispielsweise
- über eine Zeitarbeitsfirma oder
- über den Weg der Probearbeit als Maßnahme der Arbeitsagentur oder
- die Detektive werden als Praktikanten vorgestellt.
Damit die Mitarbeiter im laufenden Betrieb nicht auffallen, wird ihre Identität mit Details zum Wohnsitz oder zum Lebenslauf lokal und branchenspezifisch angepasst. Zum Einsatz kommen dabei nur professioneller Detektive und Detektivinnen, die psychologisch geschult sind und fachlich eine umfassende Ausbildung durchlaufen haben.
Diebstahl und Sabotage durch Mitarbeiter betrifft jede Branche
Diebstahl und Sabotage ist kein Delikt, das nur in großen Unternehmen vorkommt oder das auf bestimmte Branchen konzentriert ist. Viel mehr zeigt sich die Kriminalität in allen Branchen.
- Es gibt Kupferrohre, die aus einem Sanitärhandel verschwinden.
- Auch wurden schon teure Computeranlage aus einem Büro gestohlen.
- Sogar ein 25 t schwerer Bagger wurde entwendet.
Das ist alles schon dagewesen und es wird mit Sicherheit wieder geschehen. Betriebe, die sich davor schützen wollen, können sich dagegen wehren und vorbeugende Maßnahmen einleiten oder im Verdachtsfall zu härteren Bandagen greifen. Wichtig ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen und diese Grenzen nicht zu übertreten, denn sonst werden die unrechtmäßig erworbenen Beweismittel im Falle eines Rechtsstreits nicht anerkannt.
Bildmaterial: © Detektei Lentz & Co. GmbH
Über den Autor: Gernot Zehner
Der 57jährige Gernot Zehner ist Dipl.-Ing. Nachrichtentechnik, ausgebildeter Abhörschutztechniker, hat einen behördlichen Hintergrund und leitet unseren Technischen Abschirmdienst bereits seit dem Jahr 2000 hauptberuflich und führt mit seinem Team Lauschabwehr- und Abhörschutzeinsätze in ganz Europa durch.
In diesem Bereich ist Herr Zehner auch in der Mandantenbetreuung in deutscher und italienischer Sprache im Einsatz. In seiner Freizeit ist der zweifache Vater leidenschaftlicher Hobbyfunker und in seiner Gemeinde politisch sehr aktiv.
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